(Deutsch) 05 Arbeiterheim – 17. September 2011


Historisches

Das Arbeiterheim Ottakring ist 1905 gebaut worden. Dazu hat die Sozialdemokratie einen Kredit von der Brauerei Ottakringer bekommen, die im Gegenzug das Monopol für die Bierausschank im Arbeiterheim erhalten hat. Beim Bau des Arbeiterheims ist es zu einem Konflikt mit dem Baumeister gekommen, worauf die Arbeiter in den Streik getreten sind. Streikführer war der spätere ÖGB-Präsident Johann Böhm. Er ist schließlich von Franz Schuhmeier, dem Bezirksvorsitzenden der Sozialdemokraten, so unter Druck gesetzt worden, dass der Streik abgebrochen worden ist.

Im Haus hat es ein Gasthaus, ein Café, einen Theatersaal für 1.500 Leute und 40 Wohnungen gegeben, die als Vorbild für gute ArbeiterInnenwohnungen gelten haben sollen, mit ausreichend Belichtung und sogar Zentralheizung.

Am 17. September 1911 ist vor dem Haus der Arbeiter Otto Brötzenberger von einem Soldaten umgebracht worden. Begonnen haben die Auseinandersetzungen hier, wie eine Gruppe Infanterie die Koppstraße raufgekommen ist, um die Straße von DemonstrantInnen zu „säubern“. Zur gleichen Zeit haben mehrere Jugendliche, die gerade in der Volksschule in der Koppstraße die Fenster eingeworfen hatten, sich bei der Klausgasse auf einem Hügel gesammelt. Und dann ist noch eine Gruppe DemonstrantInnen dazu gekommen, die zum Arbeiterheim gehen wollten.

Die Infanterie hat also an der Ecke Koppstraße/Klausgasse niemand durchgelassen, und die Leute haben erstmal mit Sprechchören dagegen protestiert. Dann hat ein Zivilpolizist einen Demonstranten festnehmen wollen, und jetzt haben die Jugendlichen von der Anhöhe aus begonnen, Steine auf die Polizei und die Soldaten zu werfen, während unten die DemonstrantInnen versucht haben, den Gefangenen wieder zu befreien, was ihnen schließlich auch gelungen ist.

Als aber die Steinwürfe weiter angedauert haben, hat der Offizier vor Ort mit Waffeneinsatz gedroht und damit die Leute erst recht provoziert. Sie waren kaum einen Meter von den Soldaten entfernt, als der Offizier das Kommando „Feuer!“ erteilt hat. Die Schüsse haben sich gegen die steinewerfenden Jugendlichen gerichtet, von denen zum Glück niemand getroffen worden ist.

Die Leute in der Straße waren jetzt erst recht aufgebracht und sind gegen die Infanterie gestürmt, sowohl von der Koppstraße als auch von der Klausgasse aus. Während eine weitere Einheit Infanterie durch die Koppstraße dazu gekommen ist, hat ein Offizier wiederum „Feuer!“ befohlen, und jetzt sind mehrere Leute auf der Straße zu Boden gegangen und der Rest ist geflüchtet.

Die Soldaten haben die DemonstrantInnen mit gefällten Bajonetten verfolgt, und vor dem Arbeiterheim ist Otto Brötzenberger gestanden, ein junger Arbeiter, der gerade aus dem Heim herausgekommen ist und nicht gewusst hat, was los ist. Sofort hat ihn ein Soldat mit dem Bajonett angegriffen und direkt in das Herz gestochen. Brötzenberger hat sich noch in das Arbeiterheim schleppen können, dort ist er dann gestorben.

Noch mehr Verletzte sind in das Arbeiterheim gebracht worden, der Arbeiter Hawral mit einem Brustdurchschuss, Franz Joachimsthaler mit einem Bauchschuss und die 15jährige Hilfsarbeiterin Marie Schmiedel, die von einer Kugel am Schenkel getroffen worden ist. Wie viele noch durch die Schießerei verletzt worden sind, wissen wir nicht, weil sich vermutlich einige in Wohnhäuser geflüchtet und gehütet haben, ins Spital zu gehen. Franz Joachimsthaler jedenfalls ist innerhalb weniger Tage an den Folgen seiner Verwundung gestorben.

Nach diesen Auseinandersetzungen haben die Polizei und das Militär den Zugang zum Arbeiterheim gesperrt und niemand mehr hinein- oder hinausgelassen. Damit haben sich die Zentren des Aufstands stadtauswärts verlagert, vor allem auf den Habsburgplatz, von dem wir schon gehört haben.

Aktuelles

Im Februar 1934 war das Arbeiterheim eines der Zentren des Widerstands. Hier haben Schutzbündler und andere revolutionär gesinnte ArbeiterInnen zwei Tage gegen Polizei, Heimwehr und Armee gekämpft, bis sie schließlich nach massivem Kanonenbeschuss besiegt worden sind. Anschließend ist das schwer beschädigte Haus von den Austrofaschisten niedergerissen worden.