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(Deutsch) Klassenurteile – 17. September 1911

Anklagen und Strafen

Wegen des Verbrechens öffentlicher Gewalttätigkeit (Bewerfen der Wache mit Steinen) wurde der Angeklagte 27 jährige Anstreichergehilfe Adolf L zu 2 Jahren schweren Kerkers verurteilt.

Der 21jährige Tischlergehilfe Franz M. wurde zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt, weil er „Hoch die Revolution“ gerufen hatte.

Der 45jährige Arbeiter Johann K. hat bei der Räumung der Stadiongasse einem Wachmann einen Stockhieb versetzt und ihn „dummer Kerl“ geschimpft. Er sagt aus, dass er nicht „dummer“, sondern bloß „depperter Kerl“ gesagt hat. Das Urteil lautete auf 1 Monat Arrest.

Der 19jährige Schmiedgehilfe Josef K. ist beschuldigt, in der Kirchstettengasse eine Laterne zerschlagen zu haben, leugnet aber. Aufgrund einer Zeugenaussage, dass er ein Wurfgeschoss gegen einen Inspektor warf wird er zu einem Jahr schweren Kerkers verurteilt.

Der 54jährige Silberschmiedgehilfe Adolf B. war wegen Vergehens des Auflaufs angeklagt. Nachdem zugegeben hatte, das er gesagt hatte „haut sie nieder!“ wurde er zu 2 Monaten strengen Kerkers verurteilt, wobei er einen Strafaufschub erhielt.

Der 24jährige Eisenbahnbedienstete Karl R. wird wegen Auflaufs und Nichtfolgeleistung den Ort zu verlassen in Ottakring zu 10 Tagen einfachen Arrests verurteilt.

Der 29jährige Schneider Josef P., der 45jährige Buchdrucker Max B., der 21jährige Taschner Anton S. und der 29jährige Hilfsarbeiter Leopold H. haben sich gemeinsam wegen Vergehens des Auflaufs und S. auch wegen Wortstreit zu verantworten, da er auf die Aufforderung der Wache, fort zu gehen, mit lauter Stimme erwiderte „Wir sind österreichische Staatsbürger und können stehen, wo wir wollen!“. Der Gerichtshof verurteilte jeden Angeklagten zu je 10 Tagen Arrest.

Der 19jährige Sattlergehilfe Johann R. hatte in der Thaliastraße in Ottakring einen besetzten Straßenbahnwagen mit Steinen bombardiert und auch die einschreitende Wache mit Steinen beworfen. Der Gerichtshof verurteilte den Angeklagten zu 1 Jahr schweren und verschärften Kerker.

Der Schneidergehilfe Franz R. soll in der Taubergasse mehrere Gaslaternen eingeschlagen haben. Er wurde wegen boshafter Sachbeschädigung zu 3 Monaten Arrest verurteilt. R. hat Berufung angemeldet.

Leopold L. soll am 18. September in Ottakring ein Plakat der Polizei, in welcher diese besondere Sicherheitsvorkehrungen angekündigt hatte, heruntergerissen haben. Der Richter verurteilte den Angeklagten wegen Übertretung nach § 315 StGB zu drei Tagen Arrest.

Der Richter verurteilte den Angeklagten Franz B. wegen Einmengung in eine Amtshandlung zu vierzehn Tagen Arrest.

Der Gerichtshof verurteilte den 20jährigen Zimmermannsgehilfen Otto R. zu einem Jahr schweren Kerker, weil er eine Laterne durch einen Steinwurf zerstört hatte und dieses leugnete.

Der 20jährige Franz H. wurde zu 15 Monaten schweren Kerkers verurteilt, weil er einen Ziegelstein gegen ein Fiakerpferd geworfen hatte, und dieses zusammenbrach. Die Wache konnte H. erst später verhaften, weil die Menge eine drohende Haltung einnahm.

Der 20jährige Franz R. hat am 17. des Monats in Ottakring Steine gegen die Wache und das Militär geworfen und wurde zu 1 Jahre schweren Kerkers verurteilt.

Der Bürodiener Johann B. hat aus Neugierde den Demonstrationen zugesehen und soll, als er verhaftet wurde, dem Wachmann einen Stoß versetzt haben. Der Angeklagte wurde zu 3 Monaten schweren Kerkers verurteilt.

Der Schuhoberteilherrichter Franz W., 20 Jahre alt, hat um 4 Uhr nachmittags am 17. September in der Hasnerstraße eine Laterne eingeschlagen. Der Gerichtshof verurteilte ihn zu 6 Monaten schweren Kerkers.

Der 24jährige Schlossergehilfe Karl B. soll Sonntag um halb vier in der Panikengasse Steine auf die Wache geworfen haben. Der Gerichtshof verurteilte den Angeklagten zu 15 Monaten schweren Kerkers. B. meldete die Nichtigkeitsbeschwerde an.

Der 24jährige Schneidergehilfe Johann R., der einer nationalen Arbeiterpartei angehört, hatte sich am Gürtel des Auflaufs und der Wachebeleidigung schuldig gemacht und wurde zu einer Woche Arrest verurteilt.

Vor dem Jugendsenate war in der 1. Verhandlung der 16jährige Lehrling Eduard Z. und der 16jährige Kellnerbursche Franz A. wegen Verbrechens der boshaften Sachbeschädigung angeklagt, weil sie in der Herbststraße Laternen zerschlagen haben sollen zu drei Monaten schweren Kerker.

Der 21jährige Tischlergehilfe Rudolf S. hat am Sonntag nachmittag auf die Wache einen Stein geworfen. Die Strafe lautet auf 1 Jahr schweren Kerkers.

Der 15jährige Lehrling Josef H. hatte am Sonntag um 8 Uhr abends in Ottakring eine Straßenlaterne eingeschlagen und wurde zu vier Monaten schweren Kerkers verurteilt.

Der 37jährige Tagelöhner Friedrich S. hatte am Sonntag abend einen Ziegelstein gegen eine Laterne geworfen und eine andere ausgelöscht. Urteil: 6 Monate schweren Kerker.

Der 23jährige Schneidergehilfe Josef M., der am Sonntag in der Lichtenfelsgasse von einem Wachmann verhaftet worden war, als er eben einen Stein aufhob, um ihn angeblich gegen ein Fenster zu werfen, wurde zu 8 Monaten schweren Kerkers verurteilt.

Der 18jährige Eisendreher Leopold B., wird wegen Nichtfolgeleistung und „Pfui Wache!“-Rufens zu 14 Tagen Arrest verurteilt.

Der 18jährige Johann B. soll am Hofferplatz in Ottakring mit einem Stock zwei Laternen eingeschlagen haben. Urteil 1 Jahr schweren Kerkers.

Der 23jährige Schlossergehilfe Ferdinand P. ist wegen Auflaufes angeklagt, weil er der Wache zurief „ihr habt selber nichts zu essen“ und der Aufforderung, sich zu entfernen, keine Folge geleistet haben soll. Der Angeklagte wurde nur wegen Einmengung in eine Amtshandlung zu einer Woche Arrest verurteilt.